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Standpunkt Politik

Zur Pflegerefom

von Dr. Harald Groth, Präsidiumsvorsitzender
<p>&bdquo;Volle Solidarit&auml;t haben die Pflegebed&uuml;rftigen verdient&ldquo;, hat Minister Lauterbach erkl&auml;rt &ndash; nur gew&auml;hrt wird diese Solidarit&auml;t 2023 nicht. Seit Anfang Juli ist der erste Schritt der Pflegereform in Kraft getreten. Eigentlich sollte sie die Situation f&uuml;r Pflegebed&uuml;rftige und ihre Angeh&ouml;rigen deutlich verbessern. Dringende Reformen, Zusagen und Vereinbarungen im Koalitionsvertrag sind in Vergessenheit geraten. Nun soll alles, wie schon zuletzt versprochen, bei der n&auml;chsten Novellierung erfolgen. Die Fachszene ist entsetzt, die Pflegebed&uuml;rftigen ebenso.</p>
<p>Ein Hauptproblem der Pflegereform ist die unzureichende finanzielle Ausstattung. Im Koalitionsvertrag ist vereinbart, die Finanzierung der Pflegeversicherung grunds&auml;tzlich anzufassen.&nbsp; Darunter kann man Etliches verstehen: eine B&uuml;rgerversicherung, die Basis der Beitragszahler*innen auszuweiten oder nur einen Finanzausgleich zwischen gewinnbringenden privaten und gesetzlicher Pflegeversicherungen. Doch fantasielos wie nur m&ouml;glich ist es bei einer gestaffelten Beitragserh&ouml;hung geblieben.</p> <p>Viele Pflegebed&uuml;rftige und ihre Familien m&uuml;ssen einen erheblichen Teil der Kosten aus eigener Tasche tragen. In Zeiten hoher Inflation war von einer Dynamisierung der Leistungen gesprochen worden. Jedoch: Dynamisiert wird nichts. Es gibt weit unter Bedarf liegende prozentuale Erh&ouml;hungen. Nur f&uuml;nfprozentige Erh&ouml;hungen bedeuten: Im Falle von Sach- oder Kombileistungen k&ouml;nnen sich Pflegebed&uuml;rftige weniger Leistungen einkaufen als zuvor.</p> <p>Alle Wohlfahrtsverb&auml;nde in Deutschland haben einm&uuml;tig gefordert: Die Personalbemessung muss zu 100 %, mit Fristen und &Uuml;berg&auml;ngen, ins Gesetz aufgenommen werden. Zum einen, um den Arbeitenden in der Pflege eine Perspektive anzubieten, zum anderen um sicherzustellen, dass endlich bedarfs- und zukunftsgerecht aus- und weitergebildet wird. Diese Ma&szlig;nahme zur perspektivischen Verbesserung der Arbeitsbedingungen wurde nicht im Ansatz verfolgt. Vielmehr wurde die vorher schon ungleiche Personalausstattung in den Bundesl&auml;ndern verfestigt.</p> <p>Da die Eigenanteile schneller steigen, bleibt die gesetzliche Entlastung bei den Eigenanteilen zumeist unbemerkt. Die progressive Entlastung in der Pflege ist somit geringf&uuml;gig und verwaltungsintensiv 2023 fortgeschrieben. Au&szlig;er wenigen Versorgungsempf&auml;nger*innen h&ouml;herer Verg&uuml;tungsgruppen und Verm&ouml;genden kann diese Eigenanteile niemand laufend aufbringen, ohne im Alter durch Pflege zu verarmen. Der Koalitionsvertrag hatte Hoffnung gemacht. Eigenanteile sollten &bdquo;begrenzt und planbar&ldquo; werden. Leider unterblieb jeder Versuch, diese Zusage einzul&ouml;sen. Die Eigenanteile f&uuml;r Pflege m&uuml;ssen endlich deutlich reduziert werden.</p> <p>2023 ist f&uuml;r die Pflege ein schlimmes Jahr. Trotz hervorragenden Engagements vieler Abgeordneter im Bundestag und trotz guter Passagen in der Koalitionsvereinbarung hat das Ministerium &ndash; von Kleinigkeiten abgesehen &ndash; nicht geliefert, was &uuml;berf&auml;llig und versprochen war. Aus Sicht der AWO bedarf es dringend umfassender Ma&szlig;nahmen in allen Bereichen, um eine verl&auml;ssliche Pflege gegenw&auml;rtig wie zuk&uuml;nftig zu gew&auml;hrleisten.</p>
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