AdobeStock_306945034.jpeg
© Adobe
Standpunkt Politik

Zwang und soziales Engagement - das passt nicht zusammen

von Anne Brandt, Abteilungsleiterin Beratungsstelle für Freiwilligendienste
<p>Die Debatte um einen sozialen Pflichtdienst wird seit Aussetzung der Wehrpflicht immer wieder gef&uuml;hrt und erhitzt einige Gem&uuml;ter. W&auml;hrend Familienministerin Paus daf&uuml;r pl&auml;diert, den jungen Menschen die Freiheit zur eigenen Entscheidung zu lassen, regt Bundespr&auml;sident Frank-Walter Steinmeier an, dass sich junge Menschen verpflichtend einen gewissen Zeitraum in den Dienst der Gesellschaft stellen sollten, um damit den Gemeinsinn zu st&auml;rken.</p>
<p>Freiwilligendienste st&auml;rken Zusammenhalt und Demokratie. Richtig. Das erleben die Verb&auml;nde in ihrer Arbeit mit den Freiwilligen teils seit &uuml;ber einem halben Jahrhundert. Die Einf&uuml;hrung eines gesellschaftlichen Pflichtdienstes w&auml;re aber aus Sicht der Arbeiterwohlfahrt der falsche Weg.&nbsp;<br /> Unl&auml;ngst haben mehrere Verb&auml;nde ein Positionspapier gegen eine Dienstpflicht zum Beispiel in Form eines &bdquo;sozialen Pflichtjahres&ldquo; ver&ouml;ffentlicht, das die AWO mitunterzeichnet hat. Darin wird noch mal deutlich herausgestellt, dass wir mit den schon etablierten Strukturen der Freiwilligendienste bereits den notwendigen Raum bieten, um Demokratie und &nbsp;Zusammenhalt einzu&uuml;ben. Etwa ein Zehntel der j&auml;hrlichen Schulabg&auml;nger*innen engagiert sich bereits in einem Freiwilligendienst und leistet damit einen Beitrag zum gesellschaftlichen Zusammenhalt.</p> <p>Die Teilnehmenden erleben eine wichtige Zeit der Orientierung, in der Demokratielernen und pers&ouml;nliche Entwicklung, gekoppelt an Lernzielen, gef&ouml;rdert wird. In den Seminaren, die wir als Tr&auml;ger der p&auml;dagogischen Begleitung durchf&uuml;hren, reflektieren die Teilnehmenden regelm&auml;&szlig;ig ihre Erfahrungen. Sie werden eigenst&auml;ndiger und entwickeln ein Mehr an Selbstvertrauen. Zugleich besch&auml;ftigen sie sich mit unterschiedlichen Fragen, z. B. wie die Gesellschaft, in der sie leben wollen, aussehen soll. Und vor allem, wie sie selbst daran mitwirken k&ouml;nnen. Die qualitativ hochwertige p&auml;dagogische Begleitung in den Seminaren leistet den entscheidenden Beitrag zum Gelingen des Engagements und eines solidarischen Miteinanders.</p> <p>Statt Zwang zu Engagement und Gemeinsinn muss Politik Bedingungen schaffen, die es mehr Menschen &ndash; unabh&auml;ngig von der sozialen und finanziellen Herkunft &ndash; erm&ouml;glicht, einen Freiwilligendienst zu leisten.</p> <p>Und denen, die mit einem Pflichtdienst dem Fachkr&auml;ftemangel in sozialen Einrichtungen entgegenwirken m&ouml;chten, sei gesagt: Hier braucht es vor allem mehr ausgebildetes Fachpersonal! Um jungen Menschen den Weg in die entsprechenden Ausbildungen schmackhafter zu machen, muss Politik die Rahmenbedingungen f&uuml;r diese Berufe attraktiver machen!</p>
Back to top of page